11. September 2020

Umfassender Schutz für Fotos und Bilder

Fachbeitrag

Urheberrechtsgesetz // Bildrecht

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Es gibt nichts, was man mit Google nicht findet. Auch Bilder und Fotos werden zu jeder Suchanfrage mitgereicht – dutzende, hunderte, tausende, innert Sekunden. Das ist praktisch, unterhaltsam und verleitet zur schnellen Weiterverwendung eines passenden Fotos für eigene Zwecke. Doch seit dem 1. April 2020 gilt das revidierte Schweizer Urheberrechtsgesetz. Mit dem neuen Bildrecht sind grundsätzlich alle Fotos urheberrechtlich geschützt. Urheberrechte können vermehrt geltend gemacht und leichter durchgesetzt werden. Soweit muss es jedoch nicht kommen – nicht zuletzt dank respekt- und massvoller Nutzung und gesundem Menschenverstand –, aber es kann mühselig oder allenfalls auch teuer werden.

Bilderflut im Internet

Heute sollen innert zwei Minuten mehr Fotos gemacht werden, als im gesamten 19. Jahrhundert entstanden waren. Während zwischen den Jahren 1826 und 2011 3,8 Billionen Fotos aufgenommen worden sein sollen, kamen allein im Jahr 2015 eine weitere Billion Fotos zu diesem überwiegend digitalen «Bilderbuch» hinzu. Solch irrwitzige Hochrechnungen entstammen der wissenschaftlichen Zeitung «MIT Sloan Management Review». Die meisten Fotos dürften auf Social Media-Plattformen wie Snapchat, Instagram, Twitter und Facebook enden, wo sie oft eine Überlebensdauer von maximal 24 Stunden haben, denn danach werden sie automatisch gelöscht (oder sind zumindest nicht mehr sichtbar).

Eine kaum längere Lebensdauer dürfte den vorgenannten Zahlen zu den sich rasend schnell weiter auftürmenden Foto-Datenberge im Internet beschieden sein. Fakt ist indes: Es wird geknipst und hochgeladen, was das Zeug hält. Kurzer Exkurs: Die vermutlich erste lichtbeständige Fotografie ist im Jahr 1826 vom französischen Erfinder Joseph Nicéphore Niépce (1765–1833) aufgenommen worden. Hierfür verwendete Niépce die Camera obscura. Die Belichtungszeit betrug acht Stunden. Diese Fotografie zeigt den Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers im Gutshof Le Gras und sie existiert auch heute noch – in einem sauerstofffreien, mit Edelgas gefüllten Behälter in einem Museum in Texas.

Neu sind alle Bilder für einen gewissen Zeitraum geschützt

Im September 2019 haben sich der National- und der Ständerat nach jahrelangen Diskussionen auf ein revidiertes Urheberrecht geeinigt. Ziel war die Anpassung ans Internetzeitalter. Seit dem 1. April 2020 ist das revidierte Schweizer Urheberrechtsgesetz nun in Kraft. Das hierzu zählende Bildrecht schützt sämtliche Fotografien und vergleichbar hergestellte Abbildungen, deren Bildinhalte physisch vorhandene dreidimensionale Objekte zeigen und die einen Menschen als Urheber haben (Radarbilder zählen daher beispielsweise nicht dazu). Dabei spielt es keine Rolle, ob das Bild von einer Profi-Fotografin in stundenlanger Arbeit erstellt wurde, oder ob ein Laie mit seinem Smartphone wild drauflos geknipst hat. Der Schutz umfasst Presse- und Produktbilder als auch alltägliche Familien- und Urlaubsfotos.

Früher war der Schutz von Bildern von der Erfüllung des Individualitätskriteriums abhängig. Bilder, die «individuellen Charakter» aufweisen – beispielsweise ein künstlerisch wertvoll hergerichtetes Stillleben –, waren geschützt. Für Bilder, die «lediglich» alltägliche Bildinhalte präsentierten und daher nicht als originelles Werk eingestuft wurden – beispielsweise ein Foto eines alltäglichen Salzstreuers –, konnte das Urheberrechtsgesetz nicht geltend gemacht werden. Neu sind alle Bilder geschützt, jedoch nicht für unbeschränkte Zeit. Diejenigen, die das Individualitätskriterium erfüllen, sind für 70 Jahre urheberrechtlich geschützt, während dies für die nicht-individuellen Fotografien nur für 50 Jahre gilt. Der damit neu geltende Schutz für nicht-individuelle Fotografien wirkt rückwirkend für alle Fotos, die in den letzten 50 Jahren aufgenommen wurden, wobei nach altem Recht zulässige Verwendungen weiterhin erlaubt bleiben.

Ein fiktives Beispiel: Ich habe ein Jahr vor Inkrafttreten der Revision für meinen Firmenkatalog Fotos mit nicht-individuellen Inhalten verwendet. Das war damals unproblematisch. Diesen Katalog kann ich in dieser Form weiterhin bedenkenlos verwenden. Wenn ich den Katalog jedoch aktualisieren möchte und ich im Zuge dieser Aktualisierung bereits verwendete nicht-individuelle Bilder drin belasse, kann es sein, dass ich in Einzelfällen Urheberrechtsverletzung begehe.

Soviel zu den wichtigsten Neuerungen gemäss Ausführungen hierzu vom Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum.

Disziplin ist gefragt

In der Konsequenz heisst das, dass nun für alle online gefundenen Fotos, deren Urheber Drittpersonen sind, vor einer allfälligen Verwendung auf Websites oder auf einem Social-Media-Profil eine Nutzungserlaubnis beim Urheber eingeholt und/oder eine Lizenzgebühr an diesen bezahlt werden muss. Dies kann selbst für Bilder gelten, die im Internet auf (nicht legitimen) Gratisplattformen angeboten werden (hier führt im Zweifelsfall kein Weg am zeitraubenden Lesen des staubtrockenen Kleingedruckten vorbei).

Keine Relevanz haben diese urheberrechtlichen Bestimmungen für Bilder, die man für den rein privaten Eigengebrauch verwendet – sprich, von denen man sich beispielsweise Zuhause im Wohnzimmer einen Ausdruck an die Wand hängt. Zudem darf ich auch urheberrechtlich geschützte Bilder verwenden, wenn ich sie im Sinne eines Zitats mit korrekter Quellenangabe in einem eigenständigen, themenverwandten Kontext einbinde. Setzt man dies konsequent so um, sollte man zu keinem Zeitpunkt juristische Konsequenzen fürchten müssen. Aber eben, dieser Konsequenz können der administrative und allenfalls finanzielle Mehraufwand tendenziell abträglich sein.

Ich persönlich versuche, dieser Thematik damit aus dem Weg zu gehen, indem ich, wenn immer möglich, nur selbst gemachte Fotos verwende. Gerade auch in Bezug auf Social Media und der dort vorherrschenden Schnelllebigkeit besteht keine Erwartungshaltung auf eine perfekte Bildsprache. Sprich, es müssen nicht immer Profi-Fotos sein, solange sie Anstand wahren.

Bilder auf Social Media

Hier eröffnet sich in meinen Augen eine Quadratur des Kreises. Man will auf sozialen Medien mit einem (persönlichen) Inhalt eine maximale Anzahl Kontakte erreichen, weshalb der Netzwerkeffekt schnell zum Tragen kommen muss. Doch das Urheberrecht soll stets gewahrt bleiben. Hierzu bestehen zwar die gesetzlichen Grundlagen, aber wer gegen allfällige Verstösse kompromisslos vorgehen will, der tut sich und seinem Seelenheil wohl keinen Gefallen. Grundsätzlich verstehe ich die sozialen Medien als Aufmerksamkeitsmanege. Inhalte, die ich dort absetze, sollen gesehen werden, sonst würde ich sie dort nicht publizieren. Zudem sollte es nicht meiner Absicht konträr sein, dass die Leute mein Foto über ihren Social-Media-Kanal teilen. Entsprechend publiziere ich nur Fotos auf Social Media, die mir unproblematisch scheinen, auch wenn sie von anderen aufgegriffen werden. Rechtlich gesehen dürfen sie mein Foto liken und kommentieren, jedoch nicht über ihren eigenen Social-Media-Kanal neu absetzt, denn damit geht mit grosser Wahrscheinlichkeit verlustig, dass ich der Urheber des Fotos bin. In einem solchen Fall könnte ich diese Person belangen, aber hier beginnt meiner Meinung nach eine Sisyphus-Mission, die dem Social-Media-Wesen grundsätzlich zuwiderläuft, weshalb man fragen darf, ob der Gesetzgeber in diesem Punkt mit der Revision dem Zeitgeist auch wirklich Rechnung getragen hat. Denn die Schweiz ist mit dieser Regelung international ein Sonderfall, was wenig sinnvoll ist, denn Bildnutzungen über das Internet – besonders in den sozialen Medien – machen vor Landesgrenzen keinen Halt. Das ist aber nur meine persönliche Meinung, abseits der rechtlichen Grundlagen.

Sprich, wenn ich es keinesfalls riskieren will, dass ein Foto, das ich gemacht habe, «frei» in den sozialen Medien zirkuliert, dann veröffentliche ich es nicht, oder nur in manipulierter Form, um nicht das Original freizugeben.

Natürlich gilt im Umkehrschluss auch, dass man mich belangen kann, wenn ich ein Foto auf meinem Kanal absetzte, das nicht mir gehört (hierzu zählt auch, wenn eine andere Person mit meinem Smartphone ein Foto gemacht hat; es ist mein Gerät, aber die andere Person ist Urheber des Fotos). Gleiches gilt für Fotos, auf denen Personen erkennbar sind, die der Publikation nicht zugestimmt haben. Auch wenn ich dieses Foto «nur» auf meinem Kanal publiziere und ich in diesem Zusammenhang behaupte, dass dies für den privaten Eigengebrauch gedacht gewesen sei, würde dies zur Verteidigung heute nicht mehr greifen, da ich das Foto anhand des Teilens über soziale Medien einer (grösseren) Öffentlichkeit präsentiert habe. Hätte ich das Foto hingegen ausgedruckt und bei mir Zuhause aufgehängt, läge keine Urheberrechts- oder Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.

Verhältnismässigkeit

Was mich nun zur Verhältnismässigkeit bringt und zur Aussage «Wo kein Kläger, da kein Richter». All diese gesetzlichen Bestimmungen sollen dann dienlich sein, wenn es zur juristischen Auseinandersetzung kommt. Damit es gar nicht erst soweit kommt, kann man, wie ausgeführt, darauf achten, stets eigene Bilder zu verwenden. Sollte dies nicht möglich sein, sollten folgende Punkte – im Sinne des gesunden Menschenverstands, wenn man das so schreiben darf – juristische Massnahmen abwenden, abfedern oder diese auf eine Verwarnung reduzieren können:

  • professionelle Stock-Picture-Plattformen konsultieren und Nutzungsrechte erwerben;
  • Urheber eines Bildes ausfindig zu machen versuchen und Verwendung bzw. Lizenzgebühr erfragen;
  • im Falle eines unbekannten Urhebers nur einen Ausschnitt des Bildes verwenden und die Bildquelle bestmöglich angeben, inkl. «Urheber unbekannt»; zudem darauf achten, dass der Verwendungskontext für das Bild und dessen Urheber nicht ungerechtfertigt rufschädigend oder diffamierend ist;
  • von kommerziellen Absichten absehen;
  • nicht nachweislich vorsätzlich und systematisch Bilder ohne Lizenz verwenden, denn dann wäre sogar eine strafrechtliche Verurteilung möglich.

Eine juristische Eskalation gilt es besonders in der Schweiz eingehend zu überdenken. Denn hierzulande ist es weiterhin schwierig, Lizenzgebühren einzutreiben. Dies wegen den «vorprozessualen Kosten», wie Bernhard Kislig im «Landbote» schreibt: «In der Schweiz werden vorprozessuale Kosten nur sehr restriktiv und erst nach einem erfolgreichen Gerichtsprozess angerechnet. Da der Inhaber eines Bildrechts in der Schweiz diesen vorprozessualen Aufwand normalerweise selbst tragen muss, versucht er ihn auch möglichst klein zu halten. Entsprechend wird er sich auch eine Klage gut überlegen, denn bei einer Niederlage vor Gericht ist ausser Spesen nichts gewesen.» Zudem könne der Inhaber eines Bildrechts vor Gericht nicht allzu viel gewinnen, da es bei Bildlizenzen oftmals um kleinere Summen gehe.

Etwas anders liegt der Fall in Deutschland mit dem deutschen «Lichtbildschutz». Dort haben Anwaltskanzleien ein gängiges Geschäftsmodell entwickelt: Sie durchsuchen mit einer Software das Internet systematisch nach Fotos, «für die noch keine Lizenzgebühr bezahlt worden ist. Wer ohne Lizenz ertappt wird, erhält ein Abmahnschreiben – meist verknüpft mit einer Geldforderung», wie Kislig aufzeigt. Eine Abmahnung aus Deutschland in der Schweiz durchzusetzen, sei zwar möglich, aber aufwendig. Sollte man eine Abmahnung erhalten, sei es sinnvoll, die beanstandeten Bilder umgehend von der Internetplattform zu entfernen. Man soll aber keine allfällig mitgesandte Unterlassungserklärung unterzeichnen, denn je nach Formulierung könne dies später als Schuldeingeständnis ausgelegt werden. In diesem Falle wird das direkte Gespräch mit dem Klagenden zugunsten einer bilateralen Lösung nahegelegt.

Die umgekehrte Bildersuche

Mit Google können nicht nur Bilder und Fotos zu Schlagworten gefunden werden, sondern man kann auch prüfen, wo welches Bild allenfalls bereits zum Einsatz kam. Wenn man auf www.google.ch oben rechts auf «Bilder» klickt, gelangt man auf «Google Bilder». Dort gibt es die Möglichkeit der «Bildersuche» (das Fotoapparat-Icon). Hier kann man durch Hochladen eines Bildes prüfen, ob dieses spezifische Bild im Internet bereits verwendet wurde. Diese Funktion kann allem voran auch für einen Faktencheckt nützlich sein, wie in der Sendung «10 vor 10» vom 1. September 2020 ausgeführt wurde. Es zeigt aber auch, dass jeder innert Sekunden selber über Google eruieren kann, ob eigene Bilder allenfalls von anderen nicht rechtmässig verwendet wurden.

Ich habe den Selbsttest gemacht und ein Porträtfoto, das ich auf meiner Website der Böhni Communications GmbH und auf meinen Social-Media-Profilen platziert habe, hochgeladen und Google danach suchen lassen. Die Suchergebnisse beinhalteten meine Website und meine LinkedIn– und Xing-Profile – das Resultat, das ich erwartet hatte. Unerwartet war der Hinweis von Google, dass andere Suchanfragen mit verwandten Bildinhalten als Suchergebnis «Gentleman»-Resultate ergaben, weshalb Google als Suchergebnis auch noch auf den gleichnamigen Wikipedia-Artikel verwiesen hat. Nun, es hätte schlimmer kommen können…

Für diesen Artikel stützte ich mich auf Beiträge von Bernhard Kislig, Christoph Heim und SDA/oli, publiziert auf «Landbote.ch» am 18.8.2020, 20.7.2020 und 17.9.2019. Zudem auf Ausführungen auf «Virtuelles Magazin 2020» (www.vm2000.net), auf den Artikel «Wichtigste Neuerungen im Urheberrecht», publiziert auf der Website des Eidgenössischen Instituts für geistiges Eigentum (ige.ch), und auf Ausführungen im Rahmen der Sendung «10 vor 10» vom 1. September 2020.

Veröffentlicht von:

Basil Böhni

Im Sommer 2018 gründete Basil Böhni (*1985) die Böhni Communications GmbH. Er studierte im Hauptfach Publizistik an der philosophischen Fakultät der Universität Zürich. Auf seinem bisherigen Berufsweg durfte sich Basil Böhni für verschiedene Arbeitgeber und Kunden in den Bereichen interne Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Digital Marketing, Kultur, Event Management und Journalismus engagieren.